Zusätzliche Urlaubstage für ältere Arbeitnehmer

Urteil des BAG v. 21.10.2014 (AZ.: 9 AZR 956/12)

Nachdem das BAG im Jahre 2012 bezüglich des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst entschieden hat, dass die tarifliche Regelung im damaligen TVöD, die eine altersabhängige Staffelung der Urlaubstage vorsah, gegen das Verbot der Altersdiskriminierung verstößt, hat es nun in einer neuen Entscheidung vom 21.10.2014 (AZ.: 9 AZR 956/12) die unterschiedliche Behandlung wegen des Alters im Hinblick auf die Anzahl der Urlaubstage als gerechtfertigt angesehen.

Bei genauer Betrachtung stehen diese beiden Entscheidungen nicht im Widerspruch zueinander.

In beiden Entscheidungen knüpft das BAG an die Frage der Rechtfertigung einer Altersdiskriminierung an, wobei es hier auf den arbeitsmedizinischen Grundsatz zurückgreift, dass die physische Belastbarkeit eines Menschen mit zunehmendem Alter abnimmt.

Der Schutz älterer Beschäftigter nach § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG kann zulässig und damit nicht für jüngere Arbeitnehmer benachteiligend sein, wenn die bevorzugende Behandlung älterer Arbeitnehmer in der konkreten Situation nicht nur deren Schutz diene, sondern auch geeignet, erforderlich und angemessen sei.

Dies war bei dem dieser Entscheidung zu Grunde liegendem Sachverhalt der Fall.

Hier ging es um Arbeitnehmer, die körperlich ermüdende und schwere Arbeit leisten mussten. Da nach Auffassung des BAG ältere Arbeitnehmer jedenfalls bei körperlich anstrengender Arbeit ein erhöhtes Erholungsbedürfnis hätten, seien zwei zusätzliche Urlaubstage in der konkreten Fallgestaltung für über 58-jährige objektiv angemessen, geeignet und erforderlich.

Für die Praxis wirft dieses Urteil jedoch weitere Fragen auf, die das BAG unbeantwortet ließ.

Zum einen stellt sich die Frage, wo die Grenze zwischen „älteren“ und „jüngeren“ Arbeitnehmern liegt. Dies wird wohl stets eine Frage des Einzelfalls und der konkreten Umstände bleiben.

Des Weiteren bleibt die Frage offen, ob das BAG nicht auch ein gesteigertes Erholungsbedürfnis älterer Arbeitnehmer bei geistiger Arbeit anerkennen würde. Entscheidungen zu dieser Frage stehen aus.

Entscheidend ist aber, dass das BAG die unterschiedliche Behandlung wegen des Alters durch die Gewährung eines längeren Jahresurlaubes unter bestimmten Voraussetzungen als gerechtfertigt ansieht.

Da bei ungerechtfertigter Benachteiligung i.S.d. AGG eine Anpassung „nach oben“ erfolgt, also den jüngeren Arbeitnehmern rückwirkend weitere Urlaubsansprüche zustehen könnten, empfiehlt es sich aufgrund der weiteren Unklarheiten Altersstaffelungen beim Urlaub in der Arbeitsverträgen zu streichen.

Sollen langgediente Arbeitnehmer weiterhin durch mehr Urlaub belohnt werden, wäre die sicherere Variante, die die Urlaubsdauer an die Dauer der Betriebszugehörigkeit anzuknüpfen. Zu der Frage der Wirksamkeit einer solchen Staffelung hat sich das BAG zwar auch noch nicht geäußert. Allerdings sah es in der Verlängerung der Kündigungsfristen nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit in § 622 BGB keinen Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung (BAG v. 18.09.2014 – 6 AZR 636/13). Diese Grundsätze wird man auf Urlaubsstaffeln übertragen können (so auch Dr. Sandra Urban-Cell in Der Betrieb 2014, Nr. 50, S. 2896, 2897).

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